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Kriegsgefangenschaft, das Schicksal einer Generation

 

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges befanden sich rund zehn Millionen deutscher Soldaten in den Händen der Alliierten, die jüngsten von ihnen noch Kinder, 14 und 15 Jahre alte Jungen, Luftwaffenhelfer oder in den letzten Kriegsmonaten noch zur Wehrmacht eingezogen, die ältesten Volkssturmangehörige bis 65 Jahre und vereinzelt noch älter. Ein großer Teil der männlichen Bevölkerung Deutschlands (und auch nicht wenige Frauen) aus fast drei Generationen hat also das Schicksal der Kriegesgefangenschaft erlebt. Manche nur wenige Monate, viele mehrere Jahre, einige über ein Jahrzehnt. Erst 1956 kehrten die letzten Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion zurück.

 

Der größte Teil der Kriegsgefangenen befand sich in der Hand der vier Großmächte USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich. Auch andere Länder hatten aber deutsche Soldaten gefangengenommen (Polen, Tschechoslowakei, Jugoslawien) oder sie aus dem Gefangenenkontingent der Großmächte zur Wiedergutmachung erhalten (Belgien, Niederlande, Luxemburg, Polen, Tschechoslowakei).

 

Die Lebensbedingungen der Gefangenen waren äußerst unterschiedlich. Die Bandbreite reicht von Verhältnissen, die besser waren als die der Menschen in Deutschland und sogar besser als diejenigen der Zivilbevölkerung des „Gastlandes“ bis hin zu sadistischer Quälerei und gnadenloser Ausbeutung. Am besten erging es den Kriegsgefangenen, die in die USA, nach Großbritannien und nach Kanada gebracht worden waren. Schlimm war das Los derjenigen, die in der letzten Kriegsphase und nach dem Krieg in die amerikanischen Massenlager in Frankreich und vor allem in Deutschland („Rheinwiesenlager“) kamen. Frankreich erhielt von seinen Verbündeten Kriegsgefangene als Arbeitskräfte. Die Lebensbedingungen waren – außer in der Landwirtschaft – oft sehr schlecht, da das Land durch den Krieg ausgeblutet war.

 

 

Lager Grjasovec, Sowjetunion: Waldarbeit und Lagerorchester, 1947

 

Am schlimmsten – und am langwierigsten – war die Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion. Der Hunger und alle damit verbundenen Erscheinungen – Ödeme und Wassersucht, völlige Schwäche, psychische Veränderungen, Hungerphantasien und Hungerwahn – gehörten zum Alltag der Gefangenen. Mangelhafte Unterbringung, Kälte und Erfrierungen, fehlende sanitäre Einrichtungen und deshalb ausbrechende Infektionskrankheiten, das von den Sowjets geförderte Spitzelwesen unter den Gefangenen, die allgemeine Unsicherheit über das weitere eigene Schicksal waren ebenso normale Erscheinungen ihres Lebens. Die Sterberate war vor allem anfangs sehr hoch.

 

Wenig beneidenswert war ihr Los der Gefangenen auch in Polen und in Titos Jugoslawien; dort kam es zu pauschalen Racheakten, Massenerschießungen und systematischen Folterungen.

 

Was blieb

 

  

Entlassungsschein aus sowjetischer Gefangenschaft, 1947  Bescheinigung über beschlagnahmtes Geld, Dänemark 1945

 

Millionen waren betroffen. Mancher wollte nachher nichts mehr von dieser schlimmen Zeit wissen und vernichtete alles, was noch daran erinnerte. Viele aber hoben alles Mögliche zur Erinnerung an ihre Kriegs- und Gefangenschaftserlebnisse auf: Fotos und Zeichnungen, Dokumente und Ausweise, Flugblätter, Erinnerungsbücher und -broschüren, Briefe, Tagebücher und Taschenkalender und Gedichte. Jahrzehntelang lagen diese Erinnerungsstücke in irgendeiner einer Schublade, wurden vielleicht noch einmal dann und wann hervorgeholt, oder sie schlummerten vergessen auf dem Dachboden.

 

Bei einem Todesfall – sei es beim Tod des ehemaligen Soldaten und Kriegsgefangenen, spätestens dann beim Tod seiner Frau – wird der Nachlaß von den Erben durchgesehen, aussortiert, ein größerer oder kleinerer Teil „entsorgt“. Wenn die Erben damit nichts anfangen können, landen die Erinnerungsstücke im schlimmsten Fall im Müll. Oder aber, zur Freude der Sammler, sie werden noch einmal auf dem Flohmarkt „recycelt“.

 

Die beiden CDs zum Thema Kriegsgefangene zeigen Beispiele für all diese Dinge, die ein heutiger Sammler, der sich für das Thema interessiert, in die Hände bekommen kann – soweit sie aus Papier sind. Selten sieht man einmal auch noch größere Dinge, etwa handwerkliche Arbeiten, die ein Kriegsgefangener im Lager angefertigt hat, ein geschnitztes Schachspiel, ein Musikinstrument, ein Eßbesteck und dergleichen. Aber das Gepäck, das ein Heimkehrer mitnehmen konnte, begrenzt war, mußte er sich überlegen, welche größere Dinge ihm wertvoll genug waren, um in seinen Seesack oder seinen Koffer zu kommen.

 

 

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