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Beispiele
für Briefe und Erlebnisberichte, 1
Gemalte
Weihnachtskarte eines Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion für
seine Frau, 1947
Josef
B. aus Atersk an der Wolga an seine Verlobte oder Freundin im
Saarland:
1. April 1947: Meine liebe Veronika! Von mir die besten Grüße und alles gute. Haben Deinen lb. Brief vom 5.2. und Karte vom 31.1. mit großer Freude erhalten, wofür ich Dir herzlich danke. Liebe Veronika, es wird ja nicht mehr solange sein, dann bin ich ja immer bei Dir für immer. Meine Gedanken sind ja jeden Tag und Nacht bei Dir. Wen Du Zeit hast, Veroni, schreib mir immer Briefe, es ist für mich hier die größte Freude hier. Es geht mir noch ganz gut, bin noch in der Küche. Liebe Veroni, ich weiß, es ist schon eine lange Zeit, 4 Jahre, und ich ging so leicht vom letzten Urlaub von zuhause forth. Liebe Veroni, wir könnten ja auch schon lange verheiratet sein, wer hätte das auch mal gedacht, das es so kommt.
Für heute alles gute. Es grüßt Dich herzlich Sepp. Gruß an Eltern u. Geschwister.
Karte
(US-Vordruck) von Hermann E. aus dem Lager Cherbourg, 2. Sept.
1945,
kurz
nach Übergabe des Lagers an die Franzosen
Hermann
E. aus Cherbourg an seine Frau in Württemberg:
2. August 1946: Liebe Emilie! Deine Briefe vom 4. & 11.7. habe ich erhalten, recht herzl. Dank. Es macht halt immer Freude, wenn ein Brief von zu Hause kommt. Du fragst, ob ich dieses Jahr noch nach Hause komme. Das ist wohl schwer zu sagen, doch glaube ich nicht mehr daran. Ich will ja gerne warten, wenn ich nur weiß, daß es Euch gut geht. Einmal kommt die Reihe auch mal an mich, es gehen ja jeden Monat heim. Wenn ich abends so spazieren gehe, kann ich mir, wenn ich meine Gedanken so laufen lasse, gar nicht mehr vorstellen, wie es sein wird, wenn ich mal vor Euch stehe daheim & nicht mehr Gefangener. Lassen wirs, einmal kommts.
Sonst geht es mir gut. Seitdem ich Fourier bin, vergehen die Tage viel schneller, da ja den ganzen Tag etwas zu tun ist, 2 mal am Tag muß ich Brot ausgeben, dann das Essen, dazwischen kommt mal Wäscheausgabe, dann muß die Wäsche wieder geholt werden in der Wäscherei usw.
Wünsche Dir & den Kindern alles Gute & ein gesundes Wiedersehen mit recht herzl. Grüßen Dein Hermann.
Beschreibung
des Lagers Bretzenheim bei Bad Kreuznach (französischer
Gewahrsam) im Bericht eines Offiziers:
Samstag, den 10.9., fing das Desaster an. Hungerlager Bretzenheim, ein nie auslöschender Begriff für die geworden, die es erlebten. Mannschaften unter freiem Himmel kampierend, tagelang bei strömendem Regen, bekamen das Wenige, was sie nach den Filzungen noch auf dem Leibe hatten, lange Zeit nicht mehr trocken. Wir hatten das große Glück, ein Zeltdach über dem Kopf zu haben, so machte uns der Regen, die Nässe von oben, wenig aus. Als es aber dann in das Zelt reinlief, war es aus mit der Herrlichkeit.
Die Verpflegung war mehr als hundsmiserabel: Morgens einen knappen Kochgeschirrdeckel voll Kaffee, so dünn wie Mittags die gleiche Menge Wassersuppe; ein Unterschied von dem, was im Wasser beider Gerichte drin war, bestand nur in der Färbung. Brot gab es tägl. gerade drei dünne Scheiben. Das war dort unsere Verpflegung! Dazu kamen noch die sonstigen liederlichen Zustände der Waschgelegenheiten u. der Lebensverhältnisse. Und erst nachts die Schießerei machte das Maß voll.
Eilnachricht an Kriegsgefangenen in der USA, Sept. 1945
Feldwebel
Eduard B. in seinem Taschenkalender über die Heimfahrt aus
amerikanischer Gefangenschaft in Carentan (Normandie):
23. August: Fahrt um 14 Uhr Carentan. 16 Uhr in Caen. Es geht nach Deutschland. Lieber Gott, es ist Wahrheit. Die Heimat und die Lieben sehen wir wieder. Von 17 bis 23 ½ Uhr in Caen Aufenthalt. Gegen 2 Uhr (Freitag) durch Lisieux, Kirche hell angestrahlt. Die Kathedrale steht, ebenfalls die Stadt. Nach unseren damaligen Berichten sollte alles zerstört sein. Die Nacht etwas hell. Gott sei Dank alles ohne Regen. Auf den offenen Wagen gegen Morgen kalt.
24. August: Der Freitag bringt gutes Wetter. Fahrt über Paris. Verpflegung gut in Büchsen. Man nimmt alles gern in Kauf, denn es geht ja zur Heimat. Dank dafür, lieber Gott. Brief an Ku. durch Bo. Hörste Nr. 41 über Halle in 2. [?]. Burget bis 19 Uhr (7 Std.) Aufenthalt. Leider.
25. August: Sehr schönes Reisewetter mit Sonnenschein. Im Metz gegen 13 Uhr, ab 16 Uhr, über Forbach, Saarbrücken.
26. August: Gegen 9 Uhr in Bad Kreuznach. Um 12 Uhr in Mainz. Dort den ganzen Tag in M.-Bischofshain (Bhf. Ost) gelegen bis Montag morgen gegen 10 Uhr.
27. August: Um 10 Uhr Abfahrt über Mainz, Bingen, B.-brück, Koblenz, Remagen (17.45 Uhr), Bonn, Köln, Krefeld (4 Uhr). Herrliche Heimfahrt. Denke an unsere Hochzeitsreise dabei.
28. August: Gegen 8 Uhr in Weeze. Ganz herrliches Wetter. Hoffentlich naht bald die Entlassung. Treffe Ewald. Lieber Gott, gebe mir bitte frei zu meinen Lieben. Herbert G., Hersf.
29. August: Ewald ist heute morgen abgefahren. Schönes Wetter, ab Mittag Regenneigung, aber Gott sei Dank nicht, denn wir liegen im Freien auf der Erde. Ich habe grosse Unruhe, dass es noch nicht heim heute gegangen ist. Hoffentlich aber recht bald. Mutti und Elsa warten auf mich.
30. August: Zeilen an Lotte mitgegeben durch: Kirchhörde, Hptm. E., P[...] weg 7. Regnerischer Tag. Zelte aufgebaut. Morgen früh sollen wir nun endlich mit LKW abfahren. Lieber Gott, gebe es bitte.
31. August: Gegen 9 Uhr Abfahrt mit LKWs von Weeze über Wesel, Haltern, Dülmen, Münster nach Osnabrück. Ankunft gegen 16 Uhr. Regen, Nebel. (Gasten). Gute Marschverpflegung.
1. September: Fahrt ab 8 Uhr mit LKW über Luhe bei Wunsdorf bei Hannover. Ankunft gegen 13 Uhr. Morgen soll es nach Künsebeck bei Bielefeld gehen, also noch nicht frei. Wie gerne wäre ich zum Sonntag bei Mutti und Elsa gewesen. Welch eine himmlische Freude wäre es gewesen. Die Nerven sind sehr angespannt.
2. September: Von Luhe (Wunsdorf) gegen 9 Uhr nach Künsebeck bei Halle (Bielefeld). Ank. 12 Uhr. Baden, Haarschneiden, sehr gute Aufnahme, Essen pp, vorzüglich alles. So gut seit Gefangenschaft nicht mehr gegessen. Vollkommen gesättigt.
3. September: 8 Uhr Abfahrt von Künsebeck über Paderborn, Warburg, Höxter. Gegen 12 Uhr Ankunft in Driburg. Die grösste Freude, meine Frau und Elsa leben und sind gesund. Die Freiheit ist da. 6 Jahre war ich fort.
4. September: Anzug, ohne Hut = 135 Pfd.
Brief eines Kriegsgefangenen aus Großbritannien an seine Tochter, 1947
Hermann
G. über den Wassermangel im Lager Sinzig am Rhein:
Schon in der Nacht sichern sich die ersten Kameraden einen günstigen Platz in der zu erwartenden Wasserschlange. Frühmorgens, wenn die Zählung vorbei ist, strömt die Masse zu Wasserstelle. Eine kilometerlange Schlange von Menschen, ausgerüstet mit allen möglichen Behältern, bildet sich. Stunde um Stunde stehen wir, und nur ganz, ganz langsam rücken wir vor, dem ersehnten Ziele zu. Manchmal dauert es stundenlang, bis man wieder einmal einige Meter vorrücken kann, denn vielfach stockt die Wasserlieferung stundenlang.
Und dann heisst es geduldig ausharren, mag auch die Sonne noch so heiss auf uns scheinen oder mag der Regen uns durchnässen. Wasser ist wichtiger als alles andere, als Sonnenglut und Regen ohne Wasser können wir uns keine Mahlzeiten bereiten. Und das bedeutet hungern! Darum stehen, sitzen und liegen wir, Beispiele einer nicht zu überbietenden Geduld. [...]
Wir stehen und liegen und warten darauf, wieder ein paar Meter weiterrücken zu können. Werden von Kameraden abgelöst und lösen selber wieder ab. Unsagbar langsam, so langsam wie wir in der Wasserschlange, schleichen die Stunden vorbei. Und die Sonne brennt. So warten wir vielfach vom Morgen bis zum Abend. Und oft ist alles Warten vergebens. Wenige Meter noch vom ersehnten Ziel entfernt, und das Wasser wird für den Tag endgültig abgestellt. Wasserlos, wie wir gekommen, ziehen wir unserm Bunker zu. Heute gibts kein warmes Essen.
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